Das Pferd mit dem Buckel


 Das Pferd mit dem Buckel. Oder wie man es normalerweise nennt:

"Das Pferd das den Rücken AUFWÖLBT".

 

Jetzt werden Sie denken "Häh...wieso? Das Pferd wölbt doch den Rücken auf wenn es geritten wird!? Also zumindest mein Pupsi macht das, hat mein Trainer gesagt." Um mal einen mehr oder weniger bekannten Comedian aus Köln Hürth zu zitieren:

"Leider nein, leider gar nicht!"

 

Doch bevor Sie jetzt mit den Augen rollen, gleich mal vorab:

 

DAS ist für mich der Inbegriff eines "aufgewölbten Rückens"...

 

                        Hier sieht man einen tatsächlich aufgewölbten Rücken.

(Bildquelle: www.wiktionary.de)

 

Und Sie müssen zugeben, dass weder "Ihr Pupsi", noch irgendein anderes Pferd in der Lage ist, sich so unter dem Reiter zu bewegen.

 

Ich kann natürlich verstehen, dass viele auf Grund der üblichen Phrasen,

die im gängigen Reiter-Sprachgebrauch immer wieder verwendet werden

(z. B. "Reit den mal rund" oder "Guck mal, dass der mehr den Rücken aufwölbt." ) der Meinung sind, ihr Pferd wäre vom Bewegungsablauf mit einer Katze zu vergleichen.

 

Aber definieren wir doch erstmal, was ein Gewölbe ist.

Hier  sagt Wikipedia:

"Ein Gewölbe ist ein nach oben gebogenes Schalenbauteil..."

 

 

Bedeutet also, ein aufgewölbter Rücken wäre somit ein nach

oben gebogener Rücken.

 

Bisher habe ich noch kein Pferd erleben dürfen, bei dem das wirklich

der Fall war.

 

 

Natürlich ist es absolut korrekt, dass sich die Form der Rückenlinie in der

Bewegung unter dem Reiter verändert. Allerdings eher in der Form, dass das

Pferd den Rücken ANHEBT und zwar gleichmäßig über die gesamte Länge.

 

Oder besser gesagt: In dem Moment, in dem das Hinterbein unter den

Schwerpunkt tritt, spannt sich die Bauchmuskulatur an und die Rückenlinie

wird gerader. Über die gesamte Länge, vom Widerrist bis zum Lendenwirbel-bereich! Was man hier sehr schön sehen kann:

 

Dieses Pferd tritt an der Longe sehr gut unter den Schwerpunkt und wie man sieht...

kein Buckel, sondern ein angehobener Rücken.

(Bildquelle: www.hillbury.de)

 

Auch in dem folgenden Beispiel ist der Unterschied gut zu erkennen.

 

Hier wurde das Pferd rechts manipulliert, dass heißt über Druck im Bereich des Brustbeins wurde ein

Anheben des Rückens erreicht. Diese Art des Rückenanhebens ist übrigens näher am Zustand während

des Reitens, wie das oft fabrizierte "Rücken hochkitzeln".

(Bildquelle: Equiscan)

 

Dies lässt sich dann auch bei der Arbeit mit dem Equiscan System sehr

schön darstellen. Wird der Rücken auf die unter dem letzen Bild beschriebene

Weise manipulliert, während der Topograph auf dem Pferd liegt, kann man

sehen wie dieser ein Stück nach oben angehoben wird. Hierdurch entsteht

mehr Freistellung im  Schulter- und Lendenwirbelbereich. 

 

Der Bereich, der die eigentliche Sattellage darstellt (grob zwischen dem Schulterblattknorpel und dem 18. Brustwirbel) ändert sich aber überhaupt

nicht. Er biegt sich nicht nach oben (macht also keinen Katzenbuckel) und

auch die Breite des Rückens bleibt identisch. (Sofern wir von einem

gesunden und ungeschädigten Rücken reden.)

 

Dies ist der Bereich der Sattellage. Also der Bereich zwischen dem Schulterblattknorpel und

dem 18. Brustwirbels, in dem der Sattelbaum zum Liegen und Tragen kommen sollte.

Bild: Equiscan

 

Aber was hat das Ganze mit der Sattelpassform zu tun?

 

Die Aufgabe des Sattels bzw. des Sattelbaums ist es, den Druck des

Reitergewichts möglichst gleichmäßig auf den tragfähigen Bereich des

Rückens zu verteilen. Dies funktioniert aber nur, wenn er der Rückenlinie

des Pferdes folgt. Und jetzt kommt das Problem, mit dem "buckeligen Pferd",

das sich ja so besonders rund macht...

 

Um dem Rücken genügend Platz zu lassen, wo er sich dann "hineinwölben"

kann, werden die Sättel manchmal viel zu gerade oder wie man so schön sagt,

mit zu wenig Schwung verkauft.

Hier ist gut zu erkennen, dass dieser Baum bzw. die Bars bei diesem Pferd eine

sehr deutliche Hohllage erzeugen würde. Der Auflagedruck im Bereich

der Schulter und des Lendenwirbelbereichs wäre sehr groß.

 

Dadurch bildet der Sattel eine Brücke oder auch Hohllage und es

kommt zu vermehrtem Druck im Schulter- und Lendenwirbelbereich.

Je größer die Hohllage, um so mehr entfernt sich der Sattel von der

gleichmäßigen Auflage, hin zu einer sehr punktuellen.

 

Dieser punktuell stärkere Druck führt zu Schmerzen und letzten Endes zu

Atrophien der Muskulatur. Die Pferde zeigen sich oft unwillig beim satteln,

auch häufiges Stolpern ist möglich. Dazu können immer wiederkehrende

Probleme im Bereich der Hinterhand auftreten (z. B. Schlurfen der Hinter-

beine) oder es ist eine Schmerzreaktion beim Putzen zu beobachten.

All diese Dinge können Ihre Ursache in einem unpassenden Sattel, weil hohlliegenden haben. 

 

Es ist immer schwierig in einem Foto festzuhalten, aber dieser Sattel liegt hohl.

Diese Sattellage ist durch eine Atrophie bereits stark geschädigt.

 

 

Eine Hohllage entsteht aber nicht nur bei zu wenig Schwung bzw. falscher Biegung in der Längsachse, sondern auch wenn die Winkelung vom Sattelbaum nicht zur Rippenwölbung des Pferdes passt. Dieses Proble haben wir meistens bei

sehr breiten Pferden, wenn die Bars des Sattelbaumes nicht

flach genug gewinkelt sind.

 

 

Diese Sättel scheinen dann natürlich im Schulter- und Lendenwirbelbereich

schön frei zu sein. Aber nicht, weil sie so toll passen, sondern weil sie einfach

über dem Pferd liegen wie eine Krone.

 

Auch dies kann bei längerer Nutzung dazu führen, dass sich die Muskulatur

im Rücken zurückbildet und das Pferd den Sattel mit etwas

unangenehmen verbindet.

 

Die Situation, dass ein Sattel zu viel Schwung hat, gibt es übrigens eher selten.

Wenn diese Sättel auf dem Pferd "kippeln", dann ist das meistens eher deswegen,

weil sie -gerade im Bereich der Steigbügelaufhängung- zu eng sind und dann

über diesen Punkt schaukeln. Der Reiter hat dann sozusagen die Wahl, ob er

sich nach vorne lehnen will und dem Pferd auf der Schulter hängt oder sein Gewicht eher nach hinten bringt, um den Lendenwirbel-bereich mehr

zu belasten...

 

Übrigens spielt es auch absolut keine Rolle, ob es sich bei dem zu besattelnden

Pferd um ein Freizeitpferd oder Sportpferd handelt. Beide funktionieren

nach exakt den selben biomechanischen Grundlagen.

 

Nur weil das toptrainierte Reiningpferd mit der Nase im Dreck und einem

extrem tiefen Hals läuft*, macht es sich NICHT rund. Es läuft im besten

Fall in einer selbsttragenden Haltung mit einer angehobenen Schulter, im schlimmsten Fall einfach auf der Vorhand. Schauen Sie sich demnächst

mal die Hinterhand dieser Pferde an. Ist das noch eine normale Galoppbe-

wegung oder schaut das eher aus, wie ein Hase auf dem Feld?

 

*Viele der Sportpferde entsprechen von der Zucht her einem bestimmten

Exterieur-Ideal welches gezielt auf die Klassen ausgerichtet ist, in denen

es eingesetzt werden soll. So ist es gerade bei Reining-Pferden oft so, dass sie einen tief angesetzten, eher kurzen Hals haben um dem optischen Ideal

eines Reiners zu entsprechen.


 

Bei weiteren Fragen rund um das Thema Sattel, schicken Sie mir  einfach

eine E-Mail an

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