Rutsch mir doch den Buckel runter...
...oder: "Ein paar Infos zum Thema Gurtung eines Westernsattels".
Ein Detail welches die Passform oder sagen wir mal die "Liegeform" eines Sattels mit beeinflusst ist die
Gurtung. Und zwar zum einen die Gurtungsposition, zum anderen aber auch die Art bzw. Ausführung.
Betrachten wir zuerst die Position. Hier kann man grob sagen, dass je weiter zurück die Rigging
montiert wird die Gefahr steigt, dass der Sattel nach vorne in Richtung Schulter gezogen wird.
Natürlich spielt hier auch die Gurtlage und vor allem die Bauchform des Pferdes eine große Rolle.
Man unterscheidet folgende Positionen:
Full: mittig unterhalb der Fork
7/8: an der Innenkante der Fork
3/4: etwas weiter zurück Richtung Sitzfläche
Center Fire: unterhalb der Sitzfläche
Die "Center Fire" Position ist eher bei alten Sätteln zu finden und iwird heute, gerade bei den modernen
Sportsätteln nicht mehr verwendet, weil sie auch nicht wirklich praktikabel ist.
Die Gurtungsarten:
Und hier reden wir jetzt nicht von der Bauform (Inskirt, On-Skirt etc.), sondern werden einen kurzen Blick
auf die Varianten, die derzeit meistens verwendet werden. Natürlich soll dies hier keinen An-
spruch auf Vollständigkeit erheben, sondern nur die gängisten Beispiel aufzeigen.
Bei schlanken bzw. sportlichen Pferden ist die Art der Befestigung tatsächlich gar nicht mal so ausschlaggebend.
Das liegt hauptsächlich daran, dass die Rückenform in der Regel so ist, das der Sattel(baum) sich
zum Beispiel im Schulterbereich sehr gut "abstützen" kann und der Baum somit genügend Halt findet.
Bei diesen Pferden greift man in der Regel eine normale C-Rigging zurück und achtet vielleicht noch darauf,
das sich die Gurtung auf einem möglichst geraden Teil des Skirtingleders befindet und nicht gerade im
aufsteigenden Teil des Cut out für das Reiterbein.
Eine so platzierte Gurtung birgt eher die Gefahr, dass der Sattel verstärkt nach vorne unten gezogen wird
und gegebenenfalls hinten etwas hoch kommt.
Diese Position wäre absolut in Ordnung.
Diese Variante wäre nicht so optimal.
Je nach Satteltyp oder Verwendung kann man auch auf eine On-Skirt-Rigging mit einem D- oder O-Ring setzen.
Diese Variante wird z. B. gerne bei Arbeitssätteln wie Ranch- oder Cuttingmodellen verwendet, da sie sehr
stabil ist. Die Ringe werden direkt am Baum befestigt und sind über ein Lederstück miteinander verbunden.
Schwieriger wird es dann bei den sehr breiten Pferden. Gerade bei Rassen wie Tinkern, Norikern, Schwarz-
wälder Füchsen und allgemein Kaltblütern ist die Anatomie oft so, dass der Rücken sehr breit, flach und eher "tischförmig" geformt ist und auch der Schulterbereich entsprechend flach und rund und mit kaum
oder wenig Widerrist ausfällt. Hier einen Sattel zum Halten zu bekommen, wird eine echte Aufgabe.
Selbst wenn der Sattelbaum perfekt angepasst ist, wird der Sattel dazu tendieren seitlich zu rutschen.
Das liegt einfach daran, dass der Baum, anders als bei den zuvor beschriebenen schmaleren Pferden,
sich nirgendwo abstützen und "festhalten" kann.
Ein gutes Beispiel für einen solchen Rücken. Im Rippenbogen sehr flach gewinkelt, in der Schulter
ebenfalls sehr breit, flach und ohne wirklichen Widerrist.
Wie sieht die Lösung aus?
Zuerst einmal in der Wahl des richtigen Sattelmodells. Wenn man nicht gerade auf der Suche nach einem Turniersattel ist (wo es dann in der Regel bestimmte optische Notwendigkeiten gibt), empfehle ich immer
ein Modell bei dem das Skirtingleder im vorderen Bereich tiefer geschnitten ist. Diese Variante bezeichnet
man auch als "Dropdown Rigging".
Der Vorteil hierbei liegt darin, dass man dem Sattel durch deisen Schnitt mehr seitliche Führung und Halt
geben kann und der Gurtungspunkt einfach weiter nach unten wandert.
Wanderreitsattel mit Dropdown Rigging
Bei den Dropdown Gurtungen gibt es dann wieder verschiedene Variationen, aus denen man wählen kann.
2. "Doppel C"
Hier werden 2 zusammenhängende Ringe verbaut.
Vorteil: Der Sattel kann mit einer "V-Gurtung" (Erklärung siehe
weiter unten) befestigt werden. So bekommt der Sattel mehr
seitliche Führung und Halt.
Nachteil: Wie schon gesagt, sind die beiden Ringe zusammen-
hängend, was die Gurtung sehr fest und unflexibel macht.
3. Flex Rigging
Hierbei handelt es sich um 2 einzelne, von einander unabhängige,
meist eckige "Ringe".
Vorteil: eine V-Verschnallung ist ebenfalls möglich, aber durch
die einzelnen Aufnahmen bleibt die "Gurtungsplatte" deutlich
flexibler, was angenehmer für das Pferd sein dürfte.
4. 3-Wege-Ledergurtung
Diese Variante kommt ganz ohne Metall aus. Die Löcher für
das Tiestrap werden direkt in das Skirtingleder gesetzt.
Diese Variante ist sehr stabil und verteilt den Zug des Sattelgurtes
großflächig. Allerdings lässt sich diese Gurtung nicht an jedem
Sattel verbauen und Teile der Gurtung liegen teilweise direkt
im Aktionsbereich des Fenders, was den Reiter stören könnte.
Ich persönlich würde in den meisten Fällen die Flex-Rigging empfehlen, weil sie die Skirts
des Sattels nicht so fest und unflexibel macht.
Zum Thema V-Gurtung:
Das Tiestrap läuft vom ersten Ring durch den Ring des Sattelgurtes (blauer Pfeil), dann durch den 2. Ring
am Sattel (gelber Pfeil) und dann noch einmal durch den Ring des Gurtes (roter Pfeil). Jetzt wird der
Gurt stramm gezogen, der Dorn in das passende Loch geführt und das Tiestrap nachgezogen,
bis der Dorn an der Schnalle des Gurtes anliegt.
Wichtig:
Verwenden Sie immer jeder Art von V-Gurtung immer 2 Tiestraps und nicht 1 Tiestrap und 1 Off-Billet (das
doppelt gelegte, kurze Lederstück, welches sonst verwendet wird). Achten Sie darau, dass beide Tie-
straps im selben Ring am Sattel befestigt sind und natürlich, dass die V-Gurtung auf beiden Seiten genutzt wird.
Aber...
Selbst durch die Verwendung einer Dropdown Rigging kann es sein, dass der Sattel zum Beispiel beim Aufsteigen seitlich immer noch rutscht. Das ist einfach das Problem, wenn Sie "etwas rundes auf etwas rundes" legen. Deswegen würde ich empfehlen, entweder die Austeigetechnik zu perfektionieren oder zur Sicherheit einfach
eine Aufstiegshilfe (Bank, Baumstamm, Colakästen etc.) zu verwenden.
Versuchen Sie bitte NICHT, den Sattel so fest wie nur irgendmöglich nachzugurten. Da wir durch die Verschnallung
im Grunde mit einem Flaschenzug arbeiten, können so extreme Kräfte auf den Brustkorb des Pferdes
einwirken, was durchaus dazu führen kann, dass die Pferde einen deutlichen Gurtzwang entwickeln.
Was bei breiten, runden Pferden helfen kann, ist zum einen die Verwendung eines Vorderzeugs. Dieses
kann zum Beispiel den Sattel davon abhalten, sich in einer ganz blöden Situation komplett unter
den Pferdebauch zu drehen.
Darüber hinaus gibt es auch Sattelgurte, die auf Grund Ihrer Beschaffenheit relativ viel zusätzlichen
Halt bringen können.
Bei weiteren Fragen zu diesem Thema, können Sie mich gerne kontaktieren.